Nachdem
es bei TINO schon sehr erfolgreich das Hundetraining 2.0 gab, das
bereits vorgestellt wurde, nämlich eine ehrenamtliche Trainingsgruppe
für die schwierigen Hunde im Aggressionsbereich, ergab sich die Idee,
Ähnliches auch mit den „Angsthunden“ zu probieren. Denn es wurden immer
mehr, vor allem Übernahmen aus anderen Tierheimen, so dass die Not
bereits groß war und die Zeit für die Pfleger oder die wenigen Wissenden
um „Angsthunde“ einfach nicht reichte, um alle zeitnah ins Leben zu
holen. Es fanden sich über einen Aufruf bald mutige Menschen, die bereit
waren, zusammen mit einer erfahrenen Trainerin traumatischer Hunde
unter Anleitung mit diesen Hunden zu arbeiten. Begonnen wurde mit
einem Theorie-Seminar, in dem alle Formen der Angst, aber auch diese
wichtigen Unterschiede zu Misstrauen oder Ängstlichkeit erklärt wurde.
Danach wurde in Filmen gezeigt, wie wir bei einzelnen Hunden vorgehen
würden und auf was zu achten ist. Abschließend wurde genau das
Sicherheitsequipment besprochen und per praktischer Übung die Handhabung
gezeigt. Und dann legten sie los. Man sieht im Film einzelne Hunde
und ihre rapide Entwicklung. Lake, ein schwarzbrauner Mischling ist der
Typ Hund, der keinesfalls gerettet werden wollte. Bei ihm dauerte es
lange, bis er einer Person vertraute. Mittlerweile geht er schon an der
Leine, aber bei ihm wird es noch sehr lange dauern, es ist ein Hund, der
sich vermutlich immer nur scheinorientieren wird. Er braucht einfach
die Menschen nicht. Bei Lucy, auch einer schwarzbraunen Hündin, ist es
ähnlich. Sie griff an, wenn man die Box betrat und wollte sich partout
nicht auf Menschen einlassen. Deshalb wurde der erste Kotabsatz im
Freien auch besonders gefeiert. Nick, ein kleinerer dunkelbrauner Rüde,
kam jung ins Tierheim und galt als gefährlicher Angsthund. . Er ist
mittlerweile vermittelt. Princess, eine kleinere Malimix-Hündin ist noch
jung und relativ offen für Neues, lebte aber auch schon 9 Monate in
einem deutschen Tierheim. Betty, eine hübsche Colliemix-Hündin, lebte 3 ½
Jahre in einem Zwinger im deutschen Tierheim. Nachdem das Vertrauen
erst einmal da war, war sie nicht mehr zu bremsen. Ihr half Bewegung und
Abenteuer, gemeinsames Erleben, festigte ihr Vertrauen zu Menschen. Sie
ist bereit und offen für eine Vermittlung. Gemeinsame Spaziergänge und
Ausflüge machen nicht nur den Menschen sondern auch den Hunden viel
Spaß, zeigen, wie schon das Leben sein kann, und machen den „Angsthasen“
Mut, mit uns ins Leben zu kommen. Man muss dranbleiben bei diesen
Hunden, es macht keinen Sinn mal bei Zeit und Laune mit ihnen zu
arbeiten und sie den Rest der Zeit alleine zu lassen. Unsere
Ehrenamtlichen Helfer sind sehr engagiert und kommen auch außerhalb der
Trainingszeiten und machen etwas mit ihrem Patenhund. Ob nur aus der
Hand füttern, Maulkorbtraining, Fellpflege, oder sogar schon
Spaziergänge, in Absprache ist alles erlaubt, was dem Hund hilft.
Unsere Trainings-Gruppe Bravehearts darf gerne kopiert werden, wir würden uns alle sehr freuen, wenn auch andere Hunde von dieser Idee profizieren und aus ihrem Schattendasein ins Leben finden!
… lebte schon 4 Jahre scheu im Tierheim in einem Auslauf mit anderen Hunden als Schattenhund. Einmal im Jahr wurde er mit der Fangstange gefangen, um ihn zu impfen und notwendige Behandlungen durchzuführen. Bei dieser Prozedur hat er trotz Vorsichtsmaßnahmen jedes Mal zugelangt und heftig gebissen. Im Rahmen der Fortbildungsreihe des LTVH „Hundekunde“ sollten die Vereine schwierige Hunde aus dem Tierheim mitbringen. Obwohl wir große Bedenken hatten, haben wir Thyson mit der Stange eingefangen und in einer Transportbox zum Workshop mitgenommen. Meinerseits konnte ich nicht glauben, dass man Thyson – so wild, scheu und aggressiv er sich nun schon 4 Jahre bei uns zeigte – noch irgendwie hinbekommen oder sein Verhalten nur verbessern könnte. Doch wir vertrauten den Dozenten aufgrund vorhergehender Workshops. Als der Hund im Seminarraum aus der Box geholt werden sollte, waren wir zunächst entsetzt. Doch mit unendlicher Geduld wurde der Hund mit Stange aus der Box geholt, er konnte gut mitgehen, ohne panisch zu werden. Dann wurde ihm mit gleicher Geduld eine Maulschlaufe umgebunden und ein passender Maulkorb aufgezogen. Alles in viel Ruhe und ohne Aggression auch von Thysons Seite aus. Er spürte sofort, dass ihm niemand schaden wollte. Es wurde ein Halsband und eine Leine angezogen und verschiedene Personen bewegten sich mit ihm, man konnte gut erkennen, dass ihm das Laufen an der Leine nicht fremd war. Ein großer Vorteil für die weitere Arbeit. Ab dem nächsten Tag haben wir mit Thyson täglich weitergearbeitet. Schon nach einer Woche konnten wir den Maulkorb ritualisiert ohne Gefährdung anziehen, Thyson genoss sichtlich nun auch den Kontakt mit den Menschen. Er bekam Privilegien, durfte jetzt mit ins Büro und bekam Leckerchen zugesteckt. Er wurde vom Schattenhund zum Bürohund und lief zwischen den Besuchern. Weitere Aufgabe war, in sozial immer besser ins Leben zu integrieren. Mit körpersprachlicher Arbeit und Ritualen wurde Thyson immer sicherer und lieber. Er folgte bald ohne Leine den Mitarbeitern. Keine drei Monate später konnte Thyson vermittelt werden. Mit neuem Namen begann sein neues Leben, er heißt heute Tamilo. Thyson/Tamilo kann heute frei ohne Leine laufen und hat einen guten unauffälligen Umgang mit Menschen. Mit Artgenossen hatte er ja nie Probleme. Er kommt immer wieder zu Besuch ins Tierheim und marschiert dann selbstverständlich ins Büro, so wie früher, obwohl wir ihm so Manches aufgezwungen hatten. Nach Tamilo begannen wir, mit allen Angsthunden so zu arbeiten, viele davon waren langjährige Schattenhunde, auch sie fanden ein neues Zuhause, was wir vorher als undenkbar erachteten.
… oder aber auch die Besitzer kommen immer mehr mit sogenannten „Angsthunden“ in Kontakt. Angst macht Angst, Fehler zu machen, man macht lieber nichts und lässt die Hunde in diesen Emotionen stecken. Wie im Aggressionsbereich gibt es auch hier „Spezialisten“, die Geld damit verdienen und sich solcher Hunde annehmen. Es ist mittlerweile ein Markt. Folgende Geschichte wurde uns zugeschickt:
Nikita kenne ich aus Rumänien, Sie kam schon als Welpe mit ihren
Geschwistern in das Shelter. Sie zeigte sich dort etwas unsicher uns
gegenüber. Bei Menschen, die sie kannte, war eine Annäherung kein
Problem. Nikita verhielt sich so wie viele Hunde, die ich in Rumänien
kennen lernte, schüchtern, misstrauisch, beobachtend, klug. Kein
wirklicher Angsthund, aber genau so, wie man sie mittlerweile aus den
östlichen Ländern kennt.
Am 3. Nov. 18 kommt Nikita nach
Deutschland, sie ist zu dem Zeitpunkt ca. 10 Monate alt. Die
Pflegestelle kommt nicht an sie ran, da sie nicht freiwillig zu den
Menschen geht. Der Verein sucht sich Hilfe bei einer
‚Angsthundetrainerin‘, die sie Ende November übernimmt.
Ihre
Einschätzung war, dass „Nikita Berührungen nur akzeptiert, wenn sie
nicht flüchten kann, sie weicht bei Möglichkeit aus. Man muss die Arbeit
langsam angehen lassen, weil sie sehr panisch werden kann, wenn man sie
am Flüchten hindert. Sind wir im Haus, ist sie mit dabei aber immer auf
der Hut. Ist sie im Freilauf und ich komme raus verbellt sie mich. Aber
bis auf Trockenfutter verschmäht sie nichts, nur das was sie nicht
kennt. Und das ist immer ein Weg, um mit ihr in Kontakt zu gehen.
Mittlerweile macht sie auch keine Anstalten mehr, wenn sie wieder ins
Haus soll. Es muss allerdings immer ein Hund bei ihr sein, der sie mit
rein zieht. Ist sie alleine zurückgeblieben, traut sie sich nicht und
rast laut bellend durch den Auslauf oder sitzt einfach da. Es wird
eigentlich nicht besser.“
6 Monate später, 13. April 2019 ein
Vermittlungstext der Trainerin: „Nikita ist eine junge Hündin, die in
ihren ersten 2 Jahren ausser der Unterkunft bei rumänischen
Tierschützern, wo sie mit ihren Geschwistern aufgewachsen ist, nichts
erlebt hat. Das ist der Grund, weshalb sie sich unter Hunden wohl fühlt,
unter Menschen unsicher ist und ihr das Verlassen vertrauter Umgebung
an der Leine Angst macht. Nicht mehr wie am Anfang aber entspannt an
Leine, schnuppernd, das kann sie noch nicht. Sie hat immer den Menschen
und die Leine im Blick. Anleinen lässt sie sich, manchmal gleich,
manchmal muss sie erst ein paar aufgeregte Runden drehen. Aufgeregte
Runden, laut bellend und knurrend, dreht sie auch dann, wenn sie im
Freilauf ist und Mensch dazu kommt oder auch fremder Hund. Sie umkreist
aber attackiert nicht. Auch alles was sich außerhalb des Zaunes bewegt
wird verbellt. Nikita ist im Freilauf/Garten wachsam und meldet. Im Haus
dagegen absolut ruhig. Sie ist neugierig und Leckerlies sind immer
willkommen. Drin wie draußen, nur nicht an Leine. Berührungen geht sie
bei Fremden aus dem Weg, nimmt aber gerne Futter. Berührungen hier in
der Therapie kann sie mittlerweile genießen, sie braucht Vertrauen. Sie
gehört nicht zu den Angsthunden, die erstarren und alles über sich
ergehen lassen. Je mehr Aufregung desto mehr Bewegung braucht sie.
Nikita ist eine grundsätzlich freundliche Hündin mit einer guten Portion
eigenem Willen. Genauso bei Hunden. Futter sollte nicht zur freien
Verfügung sein. Verspielt aber mitunter sehr überschwänglich, sodass sie
von Spielpartnern oft nur mit einem klaren Nein zu stoppen ist. Es wird
kurz laut auf beiden Seiten und dann ist Schluss. Im Haus spielt sie
(noch) nicht. Da Nikita auf unbestimmte Zeit nicht von der Leine darf,
sich an Leine bisher auch nicht auslastet, aber eigentlich ein sehr
agiler, wendiger und schneller Hund ist, wäre ein Zuhause wichtig mit
einem Zweithund, dem sie vertraut, der sie nicht bedrängt oder
dominiert. Rüde wäre von Vorteil, weil sie bei Hündinnen mitunter
nachtragend sein kann, fletscht, kurze Attacken startet und dann auf
unbestimmte Zeit in die Vermeidung geht. Sie muss sich körperlich
auslasten können, weil Unsicherheit und Angst Stress erzeugen und Stress
braucht Bewegung, um abgebaut werden zu können. Ein aktiver, nicht
dominanter Rüde, Größe nach oben offen. Kleine oder sehr kleine Hunde
eher nicht. Es sei denn sie sind selbstbewusst und lassen sich nicht mit
Beute verwechseln. Nikita zieht um mit Zugstopphalsband,
Sicherheitsgeschirr und Schleppleine. Sie braucht einfühlsame Menschen,
die aber auch Regeln und Struktur in ihren Alltag bringen. Menschen, die
verstehen, dass sie Zeit braucht um anzukommen und um nicht mehr
weglaufen zu wollen. Menschen, die auf sie aufpassen, bis sie wirklich
angekommen ist und bleiben will. Nikita hat das Potential zu einer
fröhlichen, gelehrigen Hündin, mit der man viel Spaß haben und
irgendwann auch richtig kuscheln kann. Aufgrund der anfangs bestehenden
Fluchtgefahr sollten im neuen Zuhause wenn überhaupt nur 1-2 ältere
Kinder sein, die schon verstehen worum es geht. Spaziergänge
ausschließlich mit Erwachsenen. Wohnumgebung ruhig, Ortsrandlage“.
Der Verein war irgendwann nicht mehr in der Lage, die Therapiekosten
für den Hund weiter zu tragen und suchte nach einer anderen Lösung, da
sich keine nennenswerte Entwicklung abzeichnete und eine Vermittlung,
laut Trainerin, noch ausgeschlossen sei. So kam der Hund zu einem
kleinen Verein in Tirol, der sich auch vor Ort in Rumänien engagiert. Mit dem Hund mitgegeben wurde eine Gebrauchsanweisung.
„Im Haus total ruhig, draußen rast sie laut bellen am Zaun entlang und
jagt alles was vorbeifährt oder verbellt den Nachbarn im Garten, das
würde sie stundenlang machen, wenn man sie nicht stoppt mit einem klaren
Nikita NEIN. Was aber nicht heißt, dass sie es sich nicht doch nochmal
überlegt. Im großen Auslauf lässt sie sich anfassen aber nicht anleinen.
Im kleinen Auslauf mittlerweile setzt sie sich und lässt ich anbinden.
Ins Haus kommt sie nicht von alleine. Für Dosenfutter o.ä. sofort für
alles andere vielleicht. Rohes Fleisch mag sie nicht. Von nur
Dosenfutter bekommt sie Durchfall. Ich weiche Trockenfutter ein und
mache Dose dran. In neuer Umgebung vermute ich, dass sie auch für das
beste Futter nicht reinkommen wird. Vorsicht bei Futter….sie kann sich
heftig prügeln für Futter was am Boden liegt, aus der Hand kein
Problem. Mit Welpen muss man etwas aufpassen, da hat sie keine hohe
Reizschwelle. Sie zieht die Lefzen, sieht nur meist keiner, und startet
dann pfeilschnell durch, attackiert entweder über Lautstärke oder zwickt
auch. Sie hatte kein Sozialverhalten als sie kam. …………….Aber aus der
Haustür raus, durch einen 3m Flur geht sie vor mir aber rückwärts, immer
den im Auge, der die Leine hat. Irgendwas muss sie erlebt haben mit
Leine und wenn es für den Transport war. Auffällig war, dass sie nachts
extrem durchgedreht ist, tagsüber ging es besser. Sie läuft nun toll mit
draußen aber bewegt sich nicht frei, die Leine ist ihr unheimlich.
Lässt sich aber gut und gerne anbinden. Im Haus kommt sie zwischendrin
immer mal, wenn ich irgendwo sitze und will gestreichelt werden. das mag
sie. Auffallend war, dass sie beim 1. Mal kleiner Auslauf, ca. 50 qm,
völlig panisch wurde, den Zaun in die Zähne nahm und durch zu beißen
versuchte, entlang raste und abgemessen hat, ob sie drüber kommt, und
als das alles nicht klappte, hat sie sich in die hinterste Ecke gekauert
und sich versteckt. Da war wohl die Haltung in Rumänien Thema
plötzlich. Nach ein paar Tagen bewegte sie sich und mittlerweile spielt
sie und saust rum. Das mal bis hierhin. Wenn noch Fragen sind,
einfach fragen. Ach so, Geschirr findet sie doof, lässt es sich ohne
Probleme mittlerweile anziehen, geht damit auch los und wenn Zug
draufkommt, kann es passieren, dass sie Krokodilrollen dreht. Aber sie
fängt sich dann auch wieder. Liebe Grüße„
Am 1. 8. , also nach 9 Monaten in Deutschland, zieht Nikita nach Tirol. Die Pflegestelle berichtete: „Am 4.8. spielt Nikita entspannt bei mir Garten, geht mit spazieren, kommt mit in die Hundeschule, muss mit im Auto fahren und sich hier an meine Regeln halten. Das Halsband musste ich runterschneiden, es war so eng. Das Panikgeschirr hat am Bauch derart eingeschnitten, dass sie nicht richtig laufen konnte. Ich habe alles runter gemacht, ein Zugstopp-Halsband und ein neues Panikgeschirr drauf gemacht.
Ab 20.8. war Nikita beim Wandern in den Bergen im Freilauf.
Ich mute Hunden immer sehr viel zu, biete ihnen Zuwendung, Zeit und
Zärtlichkeit. Zur Verfügung stelle ich ihnen Sicherheit, Stabilität und
Grenzen. Spricht man Hunden nicht alles ab, lässt man sie auch mal Hund
sein, werden sie nicht nur gefördert sondern auch gefordert, macht das
was mit Hunden. Nimmt man Hunde an die Hand, meistert Situationen, die
dem Hund nicht geheuer sind, wird Stress empfunden. Es ist nachgewiesen,
dass Menschen und auch Hunde nach der Bewältigung von Stresssituationen
gestärkt heraus kommen.
Erfahrungen, an denen wir gewachsen
sind, Leistungen, die uns mit Stolz erfüllten dies benötigt eine
erhöhte Form der Beanspruchung an unseren Organismus. Wir wachsen an
Herausforderungen, auch wenn es dazu Mut bedarf. Jede gemachte Erfahrung
besonders mit einem Sozialpartner stärkt das Vertrauen in die Beziehung
und auch in die eigene Kompetenz. Man könnte sich fragen, ob Stress am
Ende vielleicht sogar glücklich macht?
Nach 4 Wochen in der
Pflegestelle ist Nikita am 4.9. ist in ihr neues zu Hause gezogen. Auf
einen Reiterhof in eine große Familie mit Kindern, groß und klein,
vielen Menschen, Lamas und Alpakas. Es hat etwas gebraucht, aber sie
läuft nun dort ohne Leine am Rad. Weil sie als Hund behandelt wird und
nicht als Individuum das man vor dem Leben fernhält.“ Wir wollen
auch hier nicht über Methodik diskutieren, es gibt viele Wege, Zeitdruck
macht es bei diesen Hunden nicht besser. ABER man muss die Hunde ganz
genau anschauen, denn Angsthund ist nicht Angsthund! Nikita war eben
kein wirklicher Angsthund, man musste ihr das Leben zeigen, das sie noch
nicht kennt.
Man muss genauestens unterscheiden ob ängstlich, misstrauisch, unsicher oder depriviert z. B., was die aller wenigsten Hunde sind, bei denen das diagnostiziert wird! Weil der Ansatz bei jeder dieser Eigenschaften ein anderer sein muss. Doch auch hier ist zu sagen, wo und wie kann ich das lernen!? Hundepfleger können das oft nicht unterscheiden, und wenn ja, werden sie ausgebremst von den Tierschützern, die sich schützend über den Hund legen und jede Form der Manipulation am Hund verbieten, denn er hat ja so eine Angst …….
Scarry kam als Welpe aus Rumänien und lebte in einem deutschen Tierheim. Er war sehr scheu, lief weg sobald Menschen in die Nähe kamen, er wollte sich nicht anfassen lassen. Irgendwann bei dem Versuch ihn zu greifen, passierte es, er biss den Pfleger. Es folgte Entsetzen und Hilflosigkeit. Seine Artgenossen waren offener und konnten vermittelt werden. Zurück blieb Scarry, völlig isoliert und separiert. Er lebte in einem Einzelzwinger, gefüttert wurde er durch eine Klappe. Von diesem Moment an hatte er keine Sozialkontakte mehr, weder zu Menschen noch zu Hunden. Da Scarry während mehrerer Monate bei Kontaktversuchen jedesmal böse knurre und Attacken fuhr, eine Besserung aussichtslos erschien, wurde beschlossen, dass der Hund eingeschläfert werden sollte. Nicht aus bösem Willen, einfach weil man nicht weiterwusste. Keiner hatte eine Lösung und man wollte nicht riskieren, dass jemand ernsthaft gebissen wurde. Gerettet um hier zu sterben? Glücklicherweise kam es nicht dazu. Der Verein informierte den Importverein (Tierhilfe Hoffnung,SMEURA), der sofort reagierte. Scarry bekam einen Platz in einem Tierheim, in dem man viel Erfahrung hatte mit solchen Hunden. Es kam ein Hund an, der spindeldürr war. Er hatte in seiner Angst und dem Stress in der Isolation nur das zum Überleben benötigte Futter angerührt. Aber auch jetzt erwies sich der Umgang mit ihm als zunächst sehr schwierig. Zwar hatte er jetzt Kontakt zu Hunden, er lebte in einer Hundegruppe und kam dort auch gut klar. Aber sobald ein Mensch ihn anschaute oder ansprach, kotete und pinkelte er unter sich vor Angst. Da er immer noch nicht gut fraß musste er jeden Tag für das Füttern von der Gruppe separiert und in einen Raum gebracht werden. Die erfahrenen Pfleger konnten ihn jetzt anfassen und auch in den Raum tragen. Aber fast jeden Tag mussten sich die Pfleger, nachdem sie ihn auf dem Arm hatten, komplett umziehen. Er zeigte immer noch starke Stresssymptome, so dass man sogar bei dem jungen Hund ein Trauma vermutete oder aber, dass er durch die lange Isolierung in so jungem Alter einen irreparablen Schaden erlitten hätte. Glücklicherweise sollten sie Unrecht haben, denn Scarry hat es geschafft. In 4 Monaten Beharrlichkeit, das Einfordern von Nähe, das Angebot von Bewegung, das Spiel mit Artgenossen, Lernen durch Beobachtung, Rituale in der Tierheim-Arbeit haben es gemeinsam geschafft. Er hat seine Angst überwunden. Er konnte nach und nach Vertrauen fassen und wurde zu einem fröhlichen Junghund. Zunächst fing er an, Spaziergänge mit seinen Gassigehern zu genießen und bald fand er sogar das Streicheln schön. Heute, 15 Monate alt, ist er auf Pflegestelle und ein lustiger junger Hund. Fremden Menschen gegenüber ist er weiterhin skeptisch, aber das ist typisch für seine Rasse, Scarry ist vermutlich ein Ciobanesc Romanesc Carpatin-Mix und wird Fremden gegenüber ein Stück weit reserviert bleiben. Sonst ist er wie ein ganz normaler junger Hund, teilweise rotzfrech, fröhlich und verspielt. Ein Schattenhund, der es geschafft hat.
… Viele Menschen haben schon nach Jaques gefragt, und warum denn hier immer noch kein Text steht.
Manche Tierfreunde befürchteten, dass wir Jaques vergessen haben, er uns nicht so wichtig ist. Nun wer Jaques kennt und auch uns ein Stück, der weiß, dass das genaue Gegenteil der Fall ist.
Jaques steht bei uns im ständigen Fokus, schon allein deshalb, weil wir sofort Rückschritte machen würden, würden wir ihn aus den Augen verlieren.
Jaques sollte wegen massiven Beißvorfällen ins Tierheim. Lange intensive Gespräche mit den Besitzern folgten, denn die Familie liebte Jaques und wollte sich eigentlich nicht trennen. Viel ist schief gelaufen, eigentlich alles, Jaques fing an zu beißen mit 6 Monaten und hat dies erfolgreich durchgezogen, wann immer es nicht nach seinem Kopf ging.
Die Verletzungen, die er seinen Menschen zufügte, waren keine Lapalie und wirklich schwerwiegend. Ermuntert durch die Bereitschaft seiner Menschen nahmen wir Jaques für ein paar Tage bei uns auf. Einfach um seinen Menschen Zeit zum Nachdenken und Luftholen zu geben. In dieser Zeit hatte Jaques einen Maulkorb auf, denn Jaques biss jeden Menschen sofort ohne groß vorzuwarnen.
Nach ein paar Tagen holten seine Menschen ihn wieder ab, Bedingung das konsequente Arbeiten mit einer von uns ausgesuchten Hundetrainerin und eine komplette tierärztliche Untersuchung.
Diese Untersuchung ergab, dass Jaques völlig gesund ist, das Training mit seinen Menschen begann.
Ein Jahr hörten wir nichts von Jaques, wir dachten er und seine Menschen haben es zusammen geschafft. Dann standen sie wieder bei uns vor der Tür, das Training hat ein bisschen Besserung gebracht, aber nun gibt es menschlichen Nachwuchs in der Familie. Wir kamen nach langen Gesprächen überein, dass Jaques zu uns kommt, denn das Zusammenleben mit einem 6 Monate alten Kind könnte lebensgefährlich werden. Kaum war er bei uns kamen einige Mails und auch Anrufe, teilweise anonym, wir sollten diesen Hund sofort einschläfern lassen, er wäre gemeingefährlich. Alle Hundeschulen seien an ihm gescheitert, dieser Hund ist von Welpe an gestört und nicht mehr zu vermitteln.
Jaques lebte bei uns die ersten 2 Wochen nur mit Maulkorb auf und das Training begann. Ohne Maulkorb hätte er alle, die mit ihm zu tun hatten, massiv verletzt. Jaques knappst nicht mal, Jaques beisst sofort zu. Trotzdem ist das kein Verhalten, was wir nicht so oder in ähnlicher Weise schon erlebt hätten.
Das erste Training bestand in den ersten Tagen nur darin seine Beißangriffe souverän abprallen zu lassen. Nicht schwer wenn der Angreifer einen Maulkorb trägt, sein Beißen wurde nicht bestraft nicht kommentiert und bewertet. Er sollte einfach nur lernen, dass Beißen eben nicht mehr zum Ziel führt. Jaques lernte schnell, er hatte einen sehr guten Grundgehorsam und zeigte gerne, was er kann . Gefüttert wurde er durch den Maulkorb, was er sehr widerwillig geschehen ließ, Körperkontakt, anfassen, war und ist ihm immer unangenehm.
Jaques nahm ab durch die Fütterung durch den Maulkorb, aber das ist leider nicht zu ändern bei diesem Training. Aber die Angriffe auf uns wurden seltener und ließen schließlich nach 14 Tagen fast ganz nach. Der Maulkorb kam ab, das Training ging weiter. Jaques ist nach wie vor ein gefährlicher Hund, der zu 100 und 1 Prozent Aufmerksamkeit und Achtsamkeit braucht. Noch heute kann im Bruchteil einer Sekunde seine Gemütslage umspringen, er beisst sofort zu. Mittlerweile aber kennen wir jede Regung von ihm, wissen jeden Wimpernschlag von ihm zu deuten und können passend reagieren. Dennoch kam es auch mal wieder zu einer Verletzun, ,nicht die Schuld des Hundes sondern unsere, wir haben nicht schnell genug gelesen und umgesetzt. Jaques steht zu 100 Prozent im Gehorsam, wer ihn mit uns vor allem aber Florian sieht, wird denken, meine Güte, was für ein gehorsamer, toller Hund. Ja, das ist Jaques, er ist ein toller Hund, wir lieben ihn mittlerweile sehr. Dennoch Jaques ist anders als die vielen anderen auch „gefährlichen“ Hunde, die wir hier hatten. Noch heute genießt Jaques körperliche Nähe nicht, streicheln, kuscheln ist nicht unbedingt das, was er von Menschen will. Es gibt sie, die Momente, in denen er zugänglich, albern ist und kuschelt. Aber als Menschen kann man auch hier nicht entspannen, denn von einer Sekunde zu nächsten möchte Jaques den Kontakt nicht mehr. Er hat gelernt zu warnen und darauf, ja es mag sich komisch anhören, sind wir stolz, dass er eben nicht mehr einfach so zubeißt. Jaques möchte gar nicht angreifen, aber er kann nur schwer von seinem erlernten Verhalten Situationen durch Beißen zu lösen loslassen.
Jaques ist ein absoluter Arbeitshund, wirklich glücklich ist er nur, wenn er zusammen mit seinem Menschen Aufgaben lösen darf. Den Ball suchen auch in ganz schwierigen Verstecken, absoluten und auch schweren Gehorsam leisten. Jaques ist wie ein kleiner Zinnsoldat, der beständig Leistung zeigen möchte, dem die Anerkennung, aber eben auch die Arbeit wichtig ist. Für Jaques ist der Weg das Ziel, die Arbeit mit seinem Menschen. Jaques und wir kommen nun gut miteinander aus, er ist in unserem Fokus und braucht immer beständige Aufmerksamkeit, achtsame vorausschauende Konsequenz in jeder Minute. Jaques liebt sein Hundezimmer bei uns, denn auch er braucht am Ende des Tages Entspannung, die kann er nur haben, wenn er ohne Mensch ist. Würde er mit Menschen in einer Wohnung leben, würde es mit Sicherheit wieder Angriffe geben. Tja, wohin mit Jaques??? So wie wir nun Jaques kennen, möchten wir eine Vermittlung ausschließen, aus Verantwortung dem Hund gegenüber. Aber auch aus Verantwortung Menschen gegenüber. Jaques verzeiht Menschen keinen Fehler, bei falschem nist er nach wie vor gefährlich.
Wir prüfen im Moment die Option, ob Jaques als Rauschgifthund beim Zoll unterkommen könnte. Hier könnte er Leistung zeigen, könnte arbeiten und seine seelische Balance finden. Das Potential ist bei ihm voll da, motivierter könnte Hund gar nicht arbeiten .. Klappt das nicht, bleibt leider nicht viel. Wenn er jemals das Tierheim verlassen könnte, müssten es Menschen sein, die zu jeder Sekunde voll bei Jaques sind. Die Meister im Lesen der Hundesprache sind, die fordern, fördern und auslasten können. Bei denen er nicht im Haus lebt und die keinen Streichel- und Kuschelhund suchen. Die ebenso wissen, dass es mit Jaques immer ein Tanz auf dem Vulkan ist, der jederzeit einen Ausbruch haben könnte.
Jaques lebt ganz gut bei uns im Tierheim und vor allem ist wohl: Er LEBT. Denn viele Menschen wollten ihn aufgeben und seine Einschläferung stand im Raum, bevor er zu uns kam.
Wer Jaques heute sieht, sieht das dieser Hund Lebensfreude haben kann, nicht immer und nicht jeden Tag . Denn auch er hat mal schlechte Laune oder Frust. Aber an guten Tagen strahlen seine Augen mit seinem Fell um die Wette. Er ist zudem ein wunderschöner, sehr eleganter Hund. Dank Florian macht er viele Wald- und Wiesentouren darf Auto fahren und das Tierheim immer mal wieder hinter sich lassen.
Jaques ist ein trauriges Beispiel wie eine Mensch-Hund-Beziehung wirklich daneben ging, hier sind Schäden bei einem Hund entstanden, die nicht mehr reparabel sind. Trotzdem haben seine Menschen ihn geliebt, aber eben nicht wirklich verstanden, sehr traurig für alle Beteiligten. Aber wir machen das Beste daraus und werden alles tun, damit Jaques hier einen sicheren Platz hat, an dem er geliebt wird . Auch wenn er sich so schwer lieben lässt …;-) Menschen haben ihn so gemacht und deshalb muss es eben nun auch Menschen geben, die dafür Verantwortung übernehmen.
Auch er ist ein Schattenhund, auch er will leben und wir finden auch er hat ein Recht dazu.
Danke im Namen aller schwierigen Hunde, die in Tierheimen landen, auch diese Hunde wurden unschuldig geboren. Unschuldig sind sie auch geblieben, trotz Beißvorfällen trifft auch diese Hunde keine Schuld.
Jaques …. Es gibt keinen Platz für Dich auf dieser Welt. Komm, lass uns Deine Welt sein, sei sicher bei uns, egal was Du tust . …. Lass wenigstens ab und zu einmal los, wann immer Du glücklich bist, sei gewiss, dann sind wir es auch … .
. . . Wir glauben, dass die wenigstens Menschen wissen, wie viele solcher Hunde als Schattenhunde in Tierheimen oder Tierpensionen dahinvegetieren. Sie sind scheu, lassen sich nicht anfassen und kommen aus dem Grunde oft jahrelang nicht aus dem Zwinger. Hunde, die einmal ein Leben hatten, auf der Straße, vielleicht auch nur in einem Zwinger mit Artgenossen. Bei uns leben sie jetzt in gekachelten 6 qm, einzeln oder mit Glück mit einem weiteren „Angsthund“ vergesellschaftet, aber als Leben kann man das oft leider nicht mehr bezeichnen. Wo ein Hund, wie wir sie in den vorhergehenden Beiträgen beschrieben haben, noch aus seinem Zwinger kommt und sich wenigstens mit seinen Bezugspersonen mal streiten kann, haben diese armen Tiere nichts als Furcht.
Ein Teil
dieser Hunde kommen aus Animal Hording-Fällen in Deutschland, das sind
Hunde, die nicht gewohnt sind, angefasst zu werden. Der andere Teil sind
Auslandshunde, die oft eine ganze Odysee hinter sich haben, bevor sie
letztendlich im Zwinger landen. Hunde, die unverantwortlich auf Reisen
geschickt werden, von Menschen wie aus dem Katalog bestellt, mit
emotionalen Beschreibungen geködert.
Wenn der Hund nach 3
Monaten noch nicht das Haus verläßt, sich nicht anfassen läßt und alle
Geschäfte in der Wohnung erledigt, liegen die Nerven blank. Wenn die
Hunde um sich beißen, geht es schneller, es wird eine andere Lösung
gesucht und das ist eben das Tierheim. Denen auf Pflegestellen geht es
besser, richtig Pech haben die, die entlaufen und nicht überleben. Wobei
es einige dieser Hunde längere Zeit schaffen, in Freiheit zu überleben.
Aber wir sprechen ja über Schattenhunde.
Diese Hunde leiden
sehr unter unserer Haltung und ein Ende ist auch nicht in Sicht.
Gerettet und Jahre später im Tierheim gestorben, als Schattenhunde mit
kaum wieder Sozialkontakte gehabt haben. Gerettet?
Für die, die
glauben, das gibt es in Deutschland nicht, das wären Ausnahmen, der gehe
mal in den hinteren Bereich, wo die untergebracht sind, die keinen
Stress vertragen. Die nächsten Tage werden wir daher über diese Hunde
berichten, wir werden das Wochenende den Angsthunden widmen. Denn es
gibt Wege und Hilfe für diese Hunde, man kann sie relativ zeitnah bis
auf Ausnahmen gut sozialisieren auf unsere Umwelt. Man muß es aber tun,
ihnen läuft ihre (Lebens-)Zeit davon. Und auch hier brauchen die Pfleger
andere Ausbildungsinhalte, dieser Bereich ist noch relativ neu und wird
noch nicht wirklich berücksichtigt. Wenn wir also fordern, dass Pfleger
besser ausgebildet werden sollen, gehört der Bereich Angsthunde auf
alle Fälle genauso berücksichtigt wie der Umgang mit
Aggressionsverhalten.
Da von diesen Schattenhunden kaum einer spricht, wollen wir ihnen unsere Stimme geben. Wir werden Euch verschiedene Fallbeispiele mit Happyend zeigen. Wege aus dem Dilemma und Einzelfälle, die sich nicht auf unser Leben einlassen wollen.
. . . es war einmal ein Schattenhund, so fangen Märchen an und für Butch ist mehr als ein Märchen in Erfüllung gegangen. Denn Butch ist einer dieser echten Schattenhunde, von denen nie jemand erfährt, weil sie irgendwann einfach getötet werden, weil sie als unvermittelbar und absolut gefährlich gelten. Oder sie haben das unglaubliche Glück, Menschen zu finden, die mit einem solchen Hund klar kommen. Man muss es mögen und darf keine Angst haben. Ein solcher Hund richtig geführt und gesichert wird nicht auffallen, und solche Hunde gibt es einige bei uns in der Gesellschaft. Da sind wir uns ganz sicher. Doch für ein Schattenhund sind solche Menschen mehr als rar, es ist wie ein 6er im Lotto in der Jahreslotterie.
Aber nun von ganz vorne.
Seine nachvollziehbare Geschichte begann mit 5 Monaten, als er zum
Verkauf angeboten wurde wegen Umzug. Eine alleinstehende Dame fand
Gefallen an dem Hund und nahm ihn auf. Eine direkt dazu geholte
Trainerin schätzte den jungen Hund als supernett ein, denn er zeigte
weder gegen die Katzen noch gegen den vorhandenen Dackel oder gegen
Menschen Aggression. Training sei nicht notwendig. Er war anfangs auch
sehr willig, leinenführig, unauffällig. Er schlief am liebsten eng ans
Frauchen gekuschelt im Bett. Mit Besuchern war er zuckersüß, daher war
es unverständlich, als er anfing im Beisein von Besuchern seine
Besitzerin zu knappen. Solche Attacken kamen immer öfter, immer gegen
die eigene Besitzerin. Er verteidigte irgendwann auch das Bett, so dass
sie gezwungenermaßen auf dem Sofa schlief. Setzt man einem solchen
Verhalten nichts dagegen wird es nicht besser, so auch in diesem Fall.
Es kam zum Eklat und er biss richtig zu. Die Besitzerin selbst rief die
Polizei und kam ins Krankenhaus, der Hund ins Tierheim. Da dieses
Tierheim aber mit ihm überfordert war, übernahm ein anderes. Zu dem
Zeitpunkt war der Hund 15 Monate alt. Er zeigte sich fröhlich und
freundlich und mit Artgenossen verträglich, so dass sich schnell jemand
fand, der es mit ihm aufnehmen wollte. Sie wurden unterrichtet, dass er
seine Besitzerin schwer verletzt hatte und es wurde im Vertrag notiert.
Zuhause angekommen fing er bald wieder an, Dinge zu verteidigen
und zu drohen. Nach 2 Tagen völliger Überforderung kam der Hund zurück
ins Tierheim. Mit dem Hintergrund wurde mit Butch gearbeitet an all den
Themen, die er dort oder später auch im Tierheim gezeigt hatte. Auch
bekam er die Möglichkeit, zeitweise in einer Pflegestelle zu wohnen, wo
er sehr schnell auch drohte. Man stellte fest, dass es hauptsächlich
abends anfängt und er seinen Liegeplatz verteidigt. Nach 6 Monaten kam
ein dem Tierheim bekannter Mann mit Molossererfahrung, der keine Angst
vor ihm hatte. Butch zog wieder um. Auch hier wurde der neue Besitzer
ausführlich über alle Haken und Kanten des Hundes wie auch über die
bekannten Verletzungen unterrichtet.
Zunächst lief alles
wunderbar. Bis auf die nächtlichen Toilettengänge des Besitzers. Er
mußte am Hund vorbei und es wurde zusehends gefährlicher. Dann verletzte
sich der Besitzer bei einem Sturz und konnte kaum mehr gehen. Kein
Mensch konnte den Hund führen und die Situation spitzte sich zu. Als der
Besitzer eines Nachts wieder an seinem Hund vorbei humpelte geschah das
Vorhersehbare und Butch musste nach nur 4 Monaten wieder ins Tierheim.
Er galt als unberechenbar und gefährlich. Mittlerweile war der Hund auch
meist schlecht gelaunt und wenige Menschen konnten in händeln.
Es dauerte ein halbes Jahr, der Beschluss stand fest, dass der Hund
unvermittelbar sei, als ein weiterer Mensch zielstrebig nach einem
großen Molosser fragte. Zu dem Zeitpunkt gab es keine Auswahl sondern
nur Butch. Das Tierheim zeigte ihn höflich mit dem Hinweis, dass dieser
Hund nicht zur Vermittlung steht. Der Mann ging an den Zaun und sprach
ihn an und Butch war schier aus dem Häuschen. Es war Liebe auf den
ersten Blick auf beiden Seiten. Die Mitarbeiter zeigten, was er alles an
Aggressionsverhalten aufbieten konnte, erzählten von allen Vorfällen,
doch der Mensch umarmte den Hund und lächelte. Bei weiteren Besuchen
konnte man sich mehr und mehr davon überzeugen, dass dieser Platz die
einzigartige Chance war, Butch doch noch einmal zu vermitteln. Auch die
Lebensgefährtin stimmte dieser Liebe zu. Und so geschah es.
Die
Absprache war, dass der Hund nachts angebunden sein wird und tagsüber
auch zuhause einen Maulkorb trägt. Butch war aber anfangs so nett, dass
man bald die geforderten Sicherungsmaßnahmen vergaß. Nach 2 Monaten
umarmte sich das Paar und Butch sprang quer durchs Zimmer und versuchte,
die Frau zu beißen. Beim Handgemenge wurde der Besitzer verletzt und
der Entschluss wurde gefasst, dass sein Verhalten doch zu heftig sei,
der Hund kam wieder ins Tierheim. Butch konnte die Welt nicht verstehen
und trauerte fürchterlich. Als die beiden sich gefasst hatten, kamen sie
erneut ins Tierheim, eigentlich um die notwendigen Formalitäten zu
erledigen. Es war ein Freudenfest, als Butch sie sah und letztendlich
wurde lange und ausführlich noch einmal sein Verhalten durchdiskutiert,
mehrere Tierheim-Mitarbeiter involviert und ein letzter Versuch
gestartet.
Es wurde ein Schwerlastdübel in den Boden eingelassen,
an dem eine dicke Kette befestigt ist. Abends geht Butch auf sein Sofa,
durch das von unten die Kette gezogen wurde und er wird gesichert.
Tagsüber trägt er Maulkorb. Mittlerweile hat sich die Situation
entspannt, und obwohl der Hund immer weniger Aggressionsverhalten zeigt,
wird er weiterhin abgesichert. Geholfen hat sicher auch eine Augen-OP,
Butch hatte beidseits ein Entropium, was ihm sicher Probleme bereitete.
Draußen bei Spaziergängen ist er unauffällig lieb und freundlich. Der
Besitzer weiss ihn aber auch richtig einzuschätzen und kennt alle
Situationen, die den Hund antriggern, bestimmte Bewegungen, bestimmte
Personen, Knurren eines Hundes z. B. und er zeigt immer noch
lichtzyklusbedingte Aggression, die aber sehr berechenbar ist. Bei
Futter gibt es feste Rituale, die beide Seiten einhalten. Mit seinen
Besitzern ist Butch mittlerweile sehr tolerant geworden, mit vielen
anderen Menschen auch. Doch auch hier gilt egal wie: safety first.
Gestern nach über 6 Monaten war er wieder zu Besuch im Tierheim und es wurde ein kleiner Film gedreht, den man weiter unten sieht, eingebettet in Bilder von seinem neuen Zuhause. Er kann es immer noch, doch zeigt er das Verhalten in dieser Form wohl nur noch im Tierheim. Man kann Aggressionsverhalten nicht einfach wegtrainieren. Die Vorstellung, Hunde zu „resozialisieren“ und alles ist gut, ist falsch. Es gibt Hunde, denen man einen neuen Weg aufzeigt, den sie dankbar annehmen. Hunde die aufgrund von falschen Erfahrungen falsches Verhalten zeigen. Und es gibt die, die man lebenslang managen muss. Diese Hunde wie Butch gibt es viele da draußen unter uns, sie brauchen aber ganz spezielle Menschen. Wenn sie ins Tierheim kommen, hatten sie diese Menschen nicht gefunden und bleiben in den allermeisten Fällen auch lebenslang Schattenhunde.
Die Zahl der Hundeattacken ist in Bayern seit 2011 stark angestiegen. Die meisten Attacken gehen dabei nicht auf „Kampfhunde“ zurück. Tierschutzorganisationen, Tierheime und Politiker fordern eine gesetzliche Hundeführerscheinpflicht.
Viele Tierheime beobachten, dass sie immer mehr Problemhunde bekommen, die so verhaltensauffällig sind, dass sie kaum vermittelbar sind. Sie stehen oft im Schatten der andere Hunde im Tierheim, sind also „Schattenhunde“. Um auf dieses Problem aufmerksam zu machen, haben sich verschiedene Tierheime zum „Bündnis Schattenhund“ zusammengeschlossen – nämlich Tiere in Not Odenwald, das Tierheim Gelnhausen, das Tierheim Koblenz, der Tierschutzverein Trier, die Tierhelfer Ingelheim und der Tierschutzverein Kreis Hainsberg.
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