Öffentliche Sicherheit …

… Wir haben gestern über die Sicherheit IM Tierheim gesprochen. Aber das Problem fängt ja viel früher an. Bei der Gefahrenprävention VOR der Aufnahme im Tierheim nämlich.
Es gibt immer wieder freilaufende Hunde, die in „gefahrbringender Weise“ Menschen oder Tiere anspringen und/oder sogar verletzen. Es werden andere Tiere gebissen, manchmal getötet. Wird so ein Vorfall bei Behörden gemeldet, sind sie verpflichtet zu handeln. Leider mit oft kuriosen Entscheidungen, nicht einheitlich, ganz oft überzogen oder aber verantwortungslos. Es gibt alles, denn es ist Auslegungssache des jeweiligen Sachbearbeiters, wie er einen solchen Vorfall behandelt.
Da war zum Beispiel der Cattledog-Welpe, der beim Spaziergang hinter einem Jogger herlief und ihn in die Wade zwackte. Der Vorfall wurde aktenkundig und der Hund als gefährlich eingestuft. Mit allen Auflagen und entsprechender „Kampfhunde“-Steuer. Es kam 5 Jahre zu keinem weiteren Vorfall, der Hund hatte mehrere Wesenstests, die Besitzerin die Sachkunde nachgewiesen. Leider wurde der Hund aus persönlichen Gründen in einem Tierheim abgegeben und von dort aus nach Österreich weitervermittelt. Dort gab es solche Kategorisierungen noch nicht. Der Hund wurde auf der entsprechenden Kommune in Deutschland abgemeldet und der neue Wohnort mitgeteilt.
Der Sachbearbeiter bemühte sich tatsächlich, in Innsbruck anzurufen und die Kollegen vor Ort über die Gefährlichkeit des Hundes zu unterrichten. Die darauffolgende Vorstellung des Hundes in der Behörde hatte keinerlei künftige Auswirkungen. . . .
Tja und dann gibt es noch ganz aktuell eine Behörde, die einen Dackel wegen ähnlich harmlosem Vorfall als gefährlich einstufte und den mittellosen Besitzern wegnahm. Die Tierheime ringsum lehnten die Aufnahme des Tieres aber ab, so dass der Beamte den Hund 20 km weiter in ein anderes Bundesland verbrachte, dort mit einer Abstandszahlung abgab und betonte, dass die Einstufung als gefährlich keine Gültigkeit in anderen Bundesländern hätte, solange der Hund nicht in das abgebende Bundesland zurückgeführt wird.
Mit dieser angeblichen tatsächlichen Gefährlichkeit schlagen wir uns ebenso herum wie mit den Rasselisten der gefährlichen Hunde, die von Bundesland zu Bundesland variieren. Allein aufgrund ihrer Rassezugehörigkeit werden Hunde bis heute in den meisten Bundesländern als gefährlich eingestuft. Kommunale Unterschiede in der Besteuerung verschiedener Rassen machen das Problem noch größer. Diese Rasselisten wurden mit heißer Nadel nach einem tragischen Vorfall in Hamburg im Jahre 2000 gestrickt und bundesweit eingeführt. Das Motiv: Gefahrenprävention. Ihre Schutzwirkung: Gering, darüber sind sich die Experten einig und erreichten in einigen Bundesländern glücklicherweise auch die Abschaffung.

Nun leben aber nicht nur in Deutschland sehr viele gefährliche Hunde, von denen nie jemand je erfährt, weil sie entweder unter Verschluss sind, weil Beißvorfälle nicht angezeigt wurden oder so erzogen sind, dass sie nicht weiter auffallen. Probleme machen meist die „Tutnixe“, die hemmungslos auf Menschen und Hunde losgelassen werden in der großen Hoffnung, dass nichts passiert. Tuts aber, immer wieder, mit unterschiedlichem Ausgang. Nicht alle sind sozial kompatibel, oft ist es auch die Hilflosigkeit der Besitzer, die ihren Hunden nicht mehr Herr werden, wenn es zu Beißvorfällen kommt und dann wird es richtig gefährlich.
Sind schon die Tierheime oft nicht dafür ausgestattet, solche Hunde einzufangen, aufzunehmen oder zu versorgen, so ist es für die Behörden und selbst bei der Polizei oft eine Riesenherausforderung, weil Equipment und Know-how fehlen. Nicht zuletzt deshalb kommt es schnell zur Erschießung, wenn ein Hund außer Kontrolle gerät.
Siehe aktueller Vorfall: https://www.kreiszeitung.de/…/a29-hund-autobahn-rastede-ers…
und die Antwort der Polizei dazu:
https://www.ndr.de/…/Polizei-rechtfertigt-Toetung-von-Hund-…

Meist wird aber bei Zugriffen in Wohnungen oder ähnlichem der Tierschutz informiert und eingeschaltet, wenn es darum geht, Hunde zu sichern und herauszuholen. Und so schließt sich der Kreis. In den Tierheimen gibt es wenige Mitarbeiter, die den sachgemäßen Umgang mit ihrem Equipment kennen. Wenn die Hunde dann im Tierheim aufgenommen werden, sitzen sie dort leider oft viele Wochen, Monate und im schlimmsten Fall Jahre ein. Denn manchmal ist die Rechtslage, Besitzeransprüche etc. unklar oder aber die Vermittlung ist schier aussichtslos, denn ein gelisteter Hund oder ein Hund, der aufgrund einer Einschätzung als gefährlich gilt, mit all den Auflagen, die daran hängen für den neuen Besitzer, nimmt kaum jemand freiwillig. Die Hunde würden teilweise auch durch jeden Wesenstest fallen.

Nun braucht man besonders geschultes Personal, wie schon so oft von uns gefordert. Man braucht das notwendige, aber kostspielige Equipment und die gesicherte Unterbringung, und der Hund kostet täglich Geld. Pflege, Strom, Heizung, Wasser, Reinigung, Futter, Tierarzt, Trainer, wenn man mit ihm arbeitet. Die Behörden allerdings versuchen leider, ihre Kosten so niedrig wie möglich zu halten und den Hund dem Verein so schnell wie möglich zu übereignen. Dann sind sie raus, die Kosten tragen allein die Tierschutzvereine.

Da die Zahl dieser Hunde zurzeit rasant steigt, lehnen die Tierschutzvereine mittlerweile auch die von den Behörden unterzubringenden Hunde immer wieder ab. Auch Menschen, die verzweifelt anrufen, weil der Hund gebissen hat, werden abgewiesen. Das ist kein böser Wille, denn wenn man mit 120 % ausgelastet ist, geht nix mehr. Den moralischen Aspekt wollen wir hier gar nicht ansprechen, die Tierheim-Leute wissen in der Regel um die Gefahr, die nun von dem Hund in der Öffentlichkeit ausgehen kann. Es fallen immer mehr Hunde auf, die 2-3 Tage zuvor auf Internet-Plattformen als liebe Familienhunde gekauft wurden, und die dann zubeißen. Der Verkäufer ist nicht mehr erreichbar. Spätestens, wenn das Tierheim die Aufnahme ablehnt, veräußert man den Hund auf diesem Weg weiter, verschweigt aber tunlichst seine Eigenschaften.

Wie kommen wir also aus dieser gefährlichen Spirale wieder raus?
• Die Rasselisten müssen ersatzlos weg, sie haben sich nicht bewährt, werden ständig verändert, obwohl Beißstatistiken beweisen, wie unsinnig sie sind.
• Die öffentliche Hand muss endlich ihre Verantwortung der Gefahrenprävention übernehmen und für Sicherstellungen im Tierheim, unter Umständen über Jahre, aufkommen. Kosten könnten an die ehemaligen Besitzer weitergegeben werden. Das Tierheim wäre aber abgesichert und der Hund wäre finanziert.
• Auffällig gewordene Hunde müssen über den Zeitraum des Tierheim-Aufenthaltes bezahlt werden, zum Beispiel in Form einer kommunalen Pauschale.
• Dadurch könnten Mittel frei werden, um die Unterkünfte sicherer zu gestalten.
• Die Mitarbeiter müssen mit Fortbildungen auf diese Herausforderungen vorbereitet werden
• Es braucht für solche Hunde mehr Mitarbeiter. Prävention wäre ein Kollege in Rufbereitschaft oder noch besser die Arbeit zu zweit bei den gefährlicheren Hunden.
• Es braucht umfassendes Wissen und Handling von Sicherungsmaßnahmen aller Menschen, die zum Einsatz kommen könnten, zum Schutz der Menschen, aber auch der Tiere.
• Mitarbeiter der exekutiven Behörden brauchen ebensolche Schulungen. Sie sind oft völlig überfordert. Dies hat der Landestierschutzverband Hessen erkannt und bietet speziell für Behörden folgende Fortbildung an: https://742a3330-53ba-443d-ba3d-9a45283d0463.filesusr.com/…
• Wir brauchen mehr Akzeptanz der Hilfsmittel in der Öffentlichkeit, hierzu gibt es eine sehr informative Facebook-Seite: https://www.facebook.com/Maulkorbdrauf/.
• Die Tierheime dürfen auf keinen Fall Gefahrenprävention verbieten und müsse sich der Verpflichtung und Verantwortung bewusst machen. Moral und Ethik darf man auch bei Menschen anwenden, nicht nur bei den zu betreuenden Tieren.
• Prävention heißt auch die Menschen, hier Mitarbeiter, zu schützen, denn ein schwerer Beißvorfall kann neben dem monatelangen Ausfall lebenslange psychische Schäden verursachen.
• Es muss ein Bewusstsein geschaffen werden, über die Gefahr, die zurzeit aufgrund dieser Mängel von den Hunden ausgeht!!!!
• Die Arbeit der Tierheime, im Namen der öffentlichen Hand für die Sicherheit vor gefährlichen Hunden zu sorgen, muss mehr Anerkennung in finanzieller Form finden. Dies geht aber auch nur, wenn routiniertes und entsprechend auch vergütetes Fachpersonal zur Verfügung steht.

Wenn wir wollen, dass Hunde in der Öffentlichkeit wieder eine höhere Akzeptanz bekommen, dann müssen wir alle dafür Sorge tragen, dass sie nicht mehr so auffallen, dass weniger passiert, dass es weniger zukünftige Schattenhunde gibt. Wir wollen keine Chico-Geschichten mehr hören! Bis dahin heißt es safety first!