Schattenhunde . . . muss man sie denn alle retten?


Diese Frage kam auf und sie ist berechtigt und verdient angesprochen und ausdiskutiert zu werden. Denn in dem Kampf um die Rettung der Hunde braucht es Argumente!

Wer mit diesen Hunden arbeitet, wer sie kennen und lieben gelernt hat, würde sofort sagen JA! Denn kein Hund ist nur und von Grund auf böse. Alle haben sie einen Grund, eine Motivation.
Bei Menschen würde man Amokläufer sofort erkennen, Serienmörder leben meist unauffällig unter uns. Vielleicht ein schräger Vergleich, um was es geht ist aber, alle diese Hunde haben wundervolle, liebevolle, witzige Momente. Die meisten sind sehr intelligent, sie denken mit, können Menschen schnell einschätzen, erspüren Schwächen, finden ihre Lücken.
Und ja, es ist schon eine weniger schöne Charaktereigenschaft, wenn er dann zubeisst. Man könnte Konflikte durchaus anders regeln und andere mit gleicher Vergangenheit tun dies auch!.
Es gibt auch die Mißhandelten, ohne Frage! Es gibt die Deprivierten mit multiplen Defiziten. Doch diese Schäden bedingen ebenfalls nicht unbedingt enthemmtes Aggressionsverhalten.

Aber genau die mit Aggressionsverhalten sind die Langeinsitzer der Tierheime. Das Gros der Schattenhunde sind Hunde mit viel Potential in alle Richtungen, sie entscheiden sich leider meist für die weniger gute.
Viele haben nun auch geschrieben, es ist immer der Mensch Schuld, die Hunde sind von Grund auf lieb. Dem widersprechen wir mit dem folgenden Beispiel, nämlich Charles, es ist in Ute Heberers Tierheim ihr Lieblingscharles, auch Babycharles genannt.

Die Besitzer von Charles meldeten sich kurz nach Übernahme des Hundes das erste Mal, er kam wohlbehütet aus einem sogenannten „Ups-Wurf“. Seine Eltern waren Mischlinge. Mit 11 Wochen wurde er schließlich im Tierheim abgegeben, der kleine Kerl attackierte seine Familie so sehr, dass sie in der Wohnung Gummistiefel trugen. Als er ins Tierheim kam war er außer Rand und Band.
Es ist schwer vorstellbar, dass der Hund in dieser Zeit so mißhandelt wurde, dass er ein derartiges Verhalten zeigte. Im Gegenteil, die Menschen waren ihm nicht gewachsen und gingen jedem Streit mit dem Hundekind aus dem Weg. In der Folgezeit lebte er privat in einer Hundegruppe und lernte das kleine 1×1 des Sozialverhaltens. Er eskalierte immer weniger und mit 6 Monaten war er zu einem frechen nur noch etwas übergriffigen Junghund herangewachsen. Es kam die Zeit des Abschiedes. Seine neue Besitzerin wurde gebrieft und genauestens instruiert. Sie hatte immer Hunde, war schon in der Lebensmitte angekommen und alle hatten ein gutes Gefühl, als er das Tierheim mit ihr verliess.
Er war noch kein Jahr alt, als er wieder da war. Die Besitzerin hatte beide Unterarme völlig vernarbt, verkratzt und mit frischeren Wunden. Charles war wie beim ersten Mal völlig außer Rand und Band, aber nun fast erwachsen. Sie sagte, er sei unberechenbar. . .

Charles ist nun 6 Jahre alt, lebt immer noch im Tierheim und wird möglicherweise auch dort bleiben. Er hat Sozialpartner, Menschen die ihn mögen und mit ihm klar kommen. Er hat sehr viel gelernt, kann viele Dinge und ist ein so reizender Hund (sagt Ute). Wenn da nicht seine cholerischen Anfälle wären. Menschen würde man abwertend als Psychos bezeichnen, bei Hunden sucht man die Schuld immer woanders.
Nein, Charles ist Utes Liebling und doch . . . er ist nicht wie andere. Und das macht ihn so gefährlich. Einzelne wenige Menschen könnten sicher auch zuhause mit ihm leben, doch Tierheime sollten sich auch verantwortlich fühlen, was nach der Vermittlung geschieht. Und deshalb wird Charles weiterhin seine Pfleger foppen und seine Mitbewohner abnerven. Charles ist ein echter Schattenhund. Ein Hund, bei dem man nicht die falsche Rasse, falsche Aufzucht, falsche Erziehung und was auch immer verantwortlich machen konnte. Doch solche Hunde sind Ausnahmen!
Und nun kommen wir zu der entscheidenden Frage: Ist das Leben von Charles nicht wert gelebt zu werden?