Corona gab ja erstaunlicherweise den Tierheimen tatsächlich eine Atempause. Kaum mehr Abgaben, keine bissigen Hunde mehr, es herrschte Ruhe und Zeit für die Tiere. Bald wurden selbst die Medien darauf aufmerksam, als ein regelrechter Babyboom in Zeiten von Corona ausbrach . . . nicht mit kleinen Kindern sondern mit Haustieren, bevorzugt Hunden.
Noch haben die Hundeschulen mit Welpengruppen volles Haus, sie können den Sturm an jungen Hunden gar nicht alle abarbeiten und betreuen. Auch Hundetrainer haben wieder alle Hände voll zu tun. In 4 Monaten Zwangspause entstand ein regelrechter Problemhunde-Stau, der jetzt über die Hundeschulen einbricht.
Am Ende dieser Kette stehen die Tierheime . .
. . alles was gar nicht mehr geht geht in das Tierheim, die Müllhalde für alles Lebendige, Kleinkinder mal ausgenommen. Dort lieben sie Tiere und haben Verständnis für die Besitzer, auch für die unvernünftigen, unüberlegten, unsicheren. Und es gibt jetzt so schrecklich Viele, die sich aufgrund der Freizeit einen Hund zugelegt haben.
Gekauft irgendwo ganz schnell, denn sofort verfügbar war wichtig. Wir hoffen so sehr, dass manche Verpaarungen doch passen, dass manche Hunde trotz Unfähigkeit oder Unwillen der Besitzer doch einfach mitlaufen, die Erfahrung ist leider eine andere.
Es wird um die Weihnachtszeit anfangen, so ist unsere Prognose, dann kommt die große Welle, für Tierheime nicht etwa Corona sondern eine Flut an Hunden. Denn dann sind die meisten im Teenager-Alter und packen aus, was ihre Genetik und bisherige Lebensform den Hunden so mitgegeben hat. Wer Teenager hat oder hatte weiss, was das heißt.
Auch Hunde stellen viel in Frage, haben alles Gelernte vergessen, probieren sich aus, erleben Sexualität und die Achterbahn der Hormone. Ein Besitzer muss schon ein gutes Standing haben, um in den Situationen noch durchzukommen bis an die Hirnregionen, die uns ermöglichen noch etwas Einfluss zu nehmen. In dieser Zeit kommt es auch spätestens zum ersten Mal zu Aggressionsverhalten, gegenüber der belebten Umwelt, gegen Artgenossen und gegen Menschen.
Für viele Menschen ist das ein Vertrauensbruch, der nicht zu kitten ist – nicht auf seiner Seite, dann muss der Hund weg. Die Tierheime sind in der Regel froh, wenn die Menschen rechtzeitig die Reißleine ziehen, bevor Schlimmeres passiert oder der Hund so stabil in seinem Verhalten ist, dass eine Veränderung seines Verhaltens und eine Vermittlung schier aussichtslos sein wird. Und dann gibt es die anderen, die es weiter probieren aber nichts verändern in der großen Hoffnung, der Hund bekommt ein Einsehen und wird „vernünftig“.
Tatsächlich gibt es auch Hunde, die wieder ruhiger werden, wenn das Gefühlschaos der Jugend mal vorbei ist. Doch das sind vergleichsweise wenige. Das Gros der Hunde muss weg, irgendwann wenn er richtig zugebissen hat. Dann muss er aber schnell weg.
Günstig sind die Anzeigen bei Quoka oder Ebay. Da gibt es sogar noch den Kaufpreis zurück, wenn man das eine oder andere Missgeschick nicht erzählt. Immer wieder kommen Hunde ins Tierheim, die 2 Tage vorher online gekauft wurden, mit Maulkorb und zu kleinen Kindern.
Herr lass Hirn regnen. . . .
Findet sich nicht schnell ein Käufer, oder hat der 5. Käufer keinen Erfolg mehr, dann werden die Tierheime angesprochen. Abends, nachts, zu allen Zeiten, denn die Leute dort leben für die Tiere – sie haben weder Privatleben, Feierabend, Pausen oder Urlaub! Nicht wenn der Hund JETZT weg muss. DAS ist ja schließlich eine Ausnahme.
Aber wehe, wenn das Tierheim nicht gleich „hurra“ schreit, wenn es Auflagen macht, Zeiten setzt oder im schlimmsten Fall ablehnt, das akute Problem für den Besitzer zu lösen.
Ein Fall von heute begann bereits vor der Corona-Welle
Der Hund zeigte heftige Aggression gegenüber der Familie und wurde auffällig, das zuständige Tierheim wurde dazu geholt. Eine Abgabe ans Tierheim wurde von den Besitzern rigoros abgelehnt. Alle Ratschläge des Tierheims, einen Trainer zu holen und das Empfohlene vor allem auch umzusetzen wurde ebenso abgelehnt wie den Maulkorb, der als unbedingt und unerlässlich angeraten wurde.
Man trennte sich mit einem sehr unguten Gefühl und der Prognose für die Halter, dass dieser Hund eine tickende Zeitbombe ist und Schlimmeres passieren wird.
Und heute war es dann so weit. Eine beherzte Nachbarin rettete vermutlich der Halterin das Leben, denn der Hund hatte nicht nur beide Arme verletzt sondern auch tiefe Fleischwunden im Brustkorb der Person verursacht, bevor er gesichert werden konnte. In den letzten Monaten davor quasi passierte nichts.
Kein Trainer, kein Tierarzt, keine Erziehung und vor allem KEIN MAULKORB. Das zuständige Tierheim erklärte sich bereit, den Hund abzuholen unter der Voraussetzung, dass er geimpft ist und 500 Euro Abgabegebühr gezahlt würden. So lange sei der Hund mit Maulkorb zu sichern. Wie weit das Tierheim mit 500 Euro bei einem solchen Hund kommt, kann man ganz leicht an einer Hand und ohne Handy ausrechnen.
Dieser Hund wird vermutlich einige Jahre, wenn nicht für immer, im Tierheim leben müssen, denn wer möchte einen solchen Hund mit seinem Gewissen an fremde Menschen geben.
Dank Facebook hat die Halterin, kaum aus der Narkose und Operation, sofort ihrem Unmut Luft gegeben und gegen das Tierheim gewettert. Unfassbar eigentlich. Den Originaltext haben wir als Bilddatei angehängt.
Es ist den meisten Menschen gar nicht klar, dass in einem Tierheim Menschen „arbeiten“, die natürlich Tiere mögen. Diese Menschen haben aber noch ein Privatleben, was außerordentlich notwendig ist, um den Druck, dem sie ausgesetzt sind, auf Dauer standhalten zu können.
Und diese Mitarbeiter sind Helden, aber keine Highlander, auch sie sind verwundbar.
Für die Verantwortlichen eines Tierheimes ist eine jede Abgabe abzuwägen:
- Kann es das Tierheim als Heim noch leisten?
- Können wir es uns finanziell noch leisten?
- Und können unsere Pfleger das leisten!?
Gerade bei den gefährlichen Hunden lehnen Tierheime immer wieder ab, und zwar weil sie mindestens 2 dieser Fragen mit NEIN beantworten müssen. Und das ist das gute Recht eines jeden Tierheims. Sie sind meist privat organisiert und nicht verpflichtet, Abgabetiere zu nehmen.
Sie tun es nur meist unbürokratisch. Nur wenn sie Verträge mit Kommunen und Behörden abgeschlossen haben, verpflichten sie sich damit je nach Inhalt zur Aufnahme von „eingezogenen“ Tieren. Es ist schlichtweg nicht mehr leistbar, weder stationär noch personell, noch finanziell. Doch das hatten wir an anderer Stelle schon so oft gesagt . . .
Und dieser Fall war erst der Anfang.
Viele Hunde werden folgen und das Thema Schattenhunde wird so aktuell wie noch nie. Wir sind im Hintergrund dran. Dank Eurer Zahlen, die gerade ausgewertet werden, haben wir sehr gute Argumente an der Hand, um vielleicht noch etwas zu bewirken, bei den Behörden, bei den Veterinärämtern, bei den Schulen, bei den Ausbildungsbetrieben. Nur wie wir an die Halter herankommen sollen, dafür haben wir noch keine Idee. Einen Hund mit Beissvorfall wieder in gute Bahnen zu lenken, erfordert Zeit, Kompetenz, Ausdauer und Geld .
Erst wenn die Tierheime kollabieren und sich gezwungen sehen zu streiken, wird vielleicht ein Umdenken stattfinden. Aber dann ist es für soooo viele Hunde zu spät . . . . Die Bilder sind unabhängig von diesem Fall und sollen aber, anlehnend daran, sagen „Safety first, der kleine Unterschied kann Leben retten“.